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"Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, Mann." - Leo Nocentelli

Schon mit vierzehn Jahren spielte Leo Nocentelli im Vorprogramm von Otis Redding. Bald darauf wirkte er an den Hits von Lee Dorsey, The Supremes und The Temptations mit. Als Gründungsmitglied der The Meters schrieb Leo Nocentelli die Klassiker "Cissy Strut" und "Hey Pocky A-Way", aber sein größter Moment auf der Platte ist vielleicht völlig unbekannt - bis jetzt...

Another Side wurde Anfang der 70er Jahre in Cosimo Matassas Jazz City Studio in New Orleans aufgenommen und ging dann für immer verloren. Es ist einer der persönlichsten und definitivsten Momente von Leo Nocentelli, die jemals auf Band aufgenommen wurden. Eine Mischung aus funkigem Folk und roher Emotion (man denke an Bill Withers und James Taylor, die in Link Wrays Three Track Shack auf Allen Toussaint treffen) - dieses bisher ungehörte Album scheint wie die Sonne an einem Frühlingstag auf dem Messegelände von New Orleans. Unterstützt wird Nocentelli von einer hochkarätigen Besetzung aus New Orleans, darunter Allen Toussaint (Klavier), James Black (Schlagzeug) sowie George Porter Jr. (Bass) und Zigaboo Modeliste (Schlagzeug) von The Meters. Auf dem Album finden sich neun eigene Songs von Nocentelli und eine gefühlvolle Interpretation von Elton Johns "Your Song", die sehr introspektiv ist. Ein halbes Jahrhundert später klingen diese Aufnahmen noch genauso frisch und fesselnd wie an dem Tag, an dem sie aufgenommen wurden.

Was Another Side jedoch noch außergewöhnlicher macht, ist die Tatsache, dass das Album - das leicht zu einem Klassiker im Singer-Songwriter-Kanon der 70er Jahre hätte werden können - jahrzehntelang unberührt blieb; wie durch ein Wunder überlebte es den verheerenden Hurrikan Katrina, nur um 2018 von dem Plattensammler Mike Nishita 2.000 Meilen entfernt auf einer Tauschbörse in Südkalifornien gefunden zu werden. Die unglaubliche Reise des Albums wird in den Linernotes von Sam Sweet (New York Times, Los Angeles Times) dokumentiert, der mit Nocentelli und Nishita über den Aufnahmeprozess und die Wiederentdeckung der Bänder sprach. Sweets vollständige Notizen erscheinen im Begleitheft der Veröffentlichung, zusammen mit handgeschriebenen Texten von Leo Nocentelli. Die erste Pressung der Vinyl-Ausgabe wird mit Goldfolie auf dem Cover und dem Buchrücken versehen. Abgerundet wird das Paket durch Originaldesigns und Layout des mehrfachen GRAMMY®-Preisträgers Masaki Koike.

Während Nocentelli in die R&B-Szene von New Orleans eingebettet war, ließ er sich auch von den aufstrebenden Singer-Songwritern der späten 1960er und frühen 1970er Jahre inspirieren und erkundete bald Sounds, die meilenweit von den harten Funk-Riffs seiner Band entfernt waren. Wann immer er eine Pause von Sessions und Auftritten hatte, verbrachte Nocentelli einen Großteil des Jahres 1971 damit, in Matassas Jazz City Studio seine neu entdeckten, nachdenklichen, tagebuchartigen Songs aufzunehmen. Unterstützt von seinem langjährigen Meters-Bandkollegen George Porter Jr. am Bass, stellte Nocentelli die Besetzungen für seine Sessions so zusammen, dass sie zum Klang des Materials passten. Wenn er einen Pianisten brauchte, rief er Toussaint an. Für das Schlagzeug bei den langsameren Stücken setzte er den Schlagzeuger Zigaboo Modeliste ein, aber bei vielen Stücken spielte James Black mit - ein häufiger Mitarbeiter von Toussaint und Mitglied der Jazzgruppe von Ellis Marsalis, den Nocentelli als "unglaublichen" Musiker bezeichnet. Die Aufnahme, die Nocentelli liebevoll als sein "Country-und-Western-Album" bezeichnet, zeichnet das Bild eines jungen Mannes, der sich danach sehnt, einen Sinn zu finden. "Ich machte einige Veränderungen durch, die sich in den Songs widerspiegelten, die ich in dieser Zeit schrieb", erzählt er Sweet. Dazu gehört das Mid-Tempo-Stück "Getting Nowhere", in dem er seine Frustration zum Ausdruck bringt, während er zusieht, wie andere um ihn herum Erfolg haben. Auch in "Till I Get There" geht es um einen Mann, der darum kämpft, seine Ziele durchzuhalten. In dem gefühlvollen "Tell Me Why" denkt der Sänger über die Existenz Gottes nach. Andere Lieder drehen sich um fiktive Figuren. "Pretty Mittie" zum Beispiel wird aus der Perspektive eines Bauern gesungen, der sich danach sehnt, sein mühsames Leben für die Stadt aufzugeben. In "You've Become a Habit" geht es um einen Mann, der sich in eine Sexarbeiterin namens Fancy verliebt. "Riverfront" basiert auf den Erzählungen des Sängers Aaron Neville über seine Zeit, in der er am Hafen von New Orleans arbeitete. Nocentelli hat sich auch für eine Coverversion entschieden: Elton Johns bahnbrechenden Hit "Your Song". Der Gitarrist hat sich die kürzlich veröffentlichte Ballade zu eigen gemacht und sie mit einer schlendernden, kopfnickenden Kadenz versehen, die er auf geschmackvolle Weise nach New Orleans-Art "funkdafiziert" hat. Als das Album fertig war, waren The Meters fleißiger denn je. Sie hatten gerade einen Plattenvertrag mit Warner Brothers unterzeichnet und waren nun die offizielle Hausband in Toussaints Studio Sea-Saint. Dort unterstützten sie nicht nur die Künstler von Toussaints Sehorn-Label, sondern waren auch die bevorzugten Studiomusiker für alle großen Künstler, die in New Orleans aufnahmen. Anstatt sich auf eine Solokarriere zu konzentrieren, steckte Nocentelli seine Energie in das nächste Album von The Meters. Irgendwann ging die Zeit weiter und Nocentelli beschloss, sein unveröffentlichtes Soloalbum bei Sea-Saint aufzubewahren. Als 2005 der Hurrikan Katrina New Orleans verwüstete, war auch Sea-Saint unter den Opfern. Obwohl Toussaint (der 2015 verstarb) das Studio Mitte der 90er Jahre verkauft hatte, blieben Hunderte seiner archivierten Aufnahmen in dem Gebäude. Der neue Besitzer rettete, was er aus dem überfluteten Gebäude retten konnte, und brachte alles in ein Lager in Südkalifornien. Dort lagerten die Kisten mit den Bändern mehr als ein Jahrzehnt lang, bevor sie in eine andere Einrichtung umzogen, die ein Jahr später geschlossen wurde. Der Inhalt wurde in einer Blindauktion ersteigert und Tage später auf einer Tauschbörse verkauft. Die Tatsache, dass der Plattensammler Mike Nishita zufällig dort war, war reiner Zufall. Nishita, ein DJ und Bruder von "Money Mark" Nishita (von den Beastie Boys), erkannte das Sea-Saint-Label auf den Boxen und kaufte alle 673 Masterbänder auf der Tauschbörse. Gemeinsam mit seinem Freund Mario Caldato Jr., dem langjährigen Tontechniker der Beastie Boys, untersuchte er den Inhalt. Neben den Masterbändern von Irma Thomas, Dr. John, Lee Dorsey und Toussaint befand sich auch eine Viertelzollspule mit Nocentellis Namen darauf. Als Caldato und Nishita sie abspielten, wussten sie, dass sie etwas Besonderes hatten. "Es gab nichts Vergleichbares", schreibt Sweet. "Ein Akustik-Album des größten Funk-Gitarristen, der je gelebt hat. Es war das Band, das Mike den Leuten vorspielte, um ihnen zu zeigen, wie besonders die Sammlung war. Das beste Album im Tresor war etwas, von dem niemand wusste, dass es existierte." Schließlich kamen Nishita und Nocentelli ins Gespräch: "Er war so dankbar, so aufrichtig", erinnert sich Nishita. "Ich dachte nur daran, dass diese Musik gehört werden muss... Vor allem, wenn man bedenkt, was alles passieren musste, damit diese Bänder überleben und auf diese Weise entdeckt werden konnten." Nocentelli drückt es einfach so aus: "Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, Mann". Light in the Attic freut sich, dieser bemerkenswerten Platte das Rampenlicht zu geben, das sie zu Recht verdient. 50 Jahre später ist noch nicht alles verloren.

Pitchfork lobte THE BLAKES für ihre "sumpfigen Gitarren, die nervösen Beats und den Powerpop-Gesang", während die Band die unverschämte Eingängigkeit der THE WHO, KINKS und anderer hitzköpfiger Rockbands adoptiert. Dazu kommen Einflüsse von HANK WILLIAMS und BRIAN WILSON. Die Wiedergeburt des echten Rock'n'Roll: ,Two Times"!

Ohne den Einfluss der R&B-Pionierin Betty Davis kann man sich die Genre sprengende, kulturübergreifende musikalische Magie von Outkast, Prince, Erykah Badu, Rick James, The Roots oder sogar den frühen Red Hot Chili Peppers kaum vorstellen. Ihr roher und aufrüttelnder Punk-Funk widerlegt alle Vorstellungen, dass Frauen in der Rock- und Popwelt keine Visionäre sein können. In den letzten Jahren haben Rapper von Ice Cube über Talib Kweli bis hin zu Ludacris über ihre kraftvolle, aber sinnliche Musik gerappt.

Eine Aussage über Betty Davis ist universell: Sie war eine Frau, die ihrer Zeit voraus war. In der heutigen Zeit ist das vielleicht nicht mehr so selbstverständlich wie vor dreißig Jahren - wir leben in einer Zeit, die sich durch die extravagante Zurschaustellung der weiblichen Sexualität tiefgreifend verändert hat: von Parlet bis Madonna, Lil Kim bis Kelis. Doch als Betty Davis 1973 zum ersten Mal mit ihren silbernen Go-Go-Stiefeln, ihrem umwerfenden Lächeln und ihrem hochgesteckten Afro auftauchte, mit wem hättest du sie damals vergleichen können? Marva Whitney hatte zwar die Stimme, aber nicht die Unabhängigkeit. Labelle wurde erst ein Jahr später mit "Lady Marmalade" sexy, während Millie Jackson erst 1977 mit "Feelin' Bitchy" auftrat. Sogar Tina Turner, die offensichtlichste Vorgängerin von Bettys wildem Stil, trat erst später in diesem Jahrzehnt völlig aus Ikes Schatten heraus.

Frau Davis' einzigartige Geschichte, die leider immer noch weitgehend unbekannt ist, ist einzigartig in der Popmusik. Betty schrieb den Song "Uptown" für die Chambers Brothers, bevor sie Ende der 60er Jahre Miles Davis heiratete, ihn mit psychedelischem Rock beeinflusste und ihn mit Ji mi Hendrix bekannt machte - und ihn persönlich zu dem klassischen Album Bitches Brew inspirierte.

Aber auch ihre Fähigkeiten als Songwriterin waren ihrer Zeit weit voraus. Betty schrieb nicht nur jeden Song, den sie jemals aufnahm, und produzierte jedes Album nach ihrem ersten, sondern die junge Frau stammte auch aus der Feder von The Commodores, die von Motown unter Vertrag genommen wurden. Das Label aus Detroit kam bald darauf auf sie zu und bot ihr einen Vertrag als Songwriterin an, den Betty jedoch ablehnte. Motown wollte alles besitzen. Als sie nach Großbritannien ging, drängte Marc Bolan von T. Rex die kreative Dynamikerin, selbst zu schreiben. Wie ein roter Faden zog sich Bettys Karriere durch ihre unbeugsame Do-It-Yourself-Methode, die sie dazu brachte, jeden abzulehnen, der nicht in ihre Vision passte. Schließlich lehnte sie Eric Cla pton als ihren Albumproduzenten ab, weil sie ihn für zu banal hielt.

Auf ihrem zweiten Album They Say I'm Different von 1974 findet sich ein futuristisches Cover, das David Bowies Science-Fiction-Funk mit echtem, rockigem Soul-Feuer herausfordert und mit dem wild-sexuellen "Shoo-B-Doop and Cop Him" (später von Ice Cube gesampelt) beginnt. Ihr Nachfolger ist voll von Klassikern wie "Don't Call Her No Tramp" und dem lustigen, harten, tiefen Funk von "He Was A Big Freak".

Achtung: Dies ist eine 8-Spur-Kassette!