Jens Ausderwäsche Gesund Und Munter

Chris Münster über die anstehende EP “Gesund und Munter” Unter dem Titel „Gesund und Munter“ kommt die neue EP von Jens Ausderwäsche wie eine leichtfüßige Gebrauchsanweisung für unsere heutige Zeit daher. Aber eigentlich ist es eher eine sarkastische Zustandsbeschreibung in klingende Aphorismen gegossen. Die vier Stücke, die im Stile klassischer Singer-Songwriter Musik gehalten sind, wirken wie schillernde Kondensate, aufs wesentliche zusammengedämpfte Song-Miniaturen flüchtigen Aggregatzustands. Während die Titel sehr allgemein gehalten sind, geht es textlich im Sturzflug in die Tiefen unseres Alltagsgewühls. Der erste Song, der das „Schwärmen und Umtreiben“ besingt, wirkt wie eine schiefe Hymne auf die couchsurfende Existenzweise, in die aber am Ende jäh von der Seite die unerbittliche Stimme der Aussöhnung einfällt. Die Sehnsucht und Suche nach Halt und Beständigkeit oszilliert auch durch das darauf folgende Stück „Grenzen“, dass in einigen Akkorden in den unscharfen Interimsbereich zwischen Nähe und Ferne schwelgt, zwischen Ankommen und Angenommen sein. Die Grenzen verschwimmen und wir treiben mit Jens im Unbestimmten…und sind doch offenbar frei dabei, jedenfalls bis es eventuell anders wird. Doch auch dann ist das Hilfsmittel der Sorte Hausmittel einfach zur Anwendung zu bringen: Einfach aus dem Fenster schauen, bis die Übergriffe auf die eigene Integrität ausgesessen sind. So jedenfalls die Strategie im Song „Frei“, der wie ein Selbstvergewisserungsmantra ziemlich konkret benannte Bedrohungen stoisch abwiegelt. Die Einen stellen Blümlein auf Tische, die anderen hängen Dolche an Himmel – viel Vögel sind, die hassen mich, doch ich bin ein Kauz und acht‘ es nicht, pfeift es zwischen die Gitarre. Wer braucht da noch Lebensratgeber aus dem Bestsellerregal? Das ist Resilienz, die mit einer Melodie auf den Lippen die Tristesse der Umgebung an sich abprallen lässt im Dienste einer „Verwandlung“, wie der vierte und letzte Song uns stehenden Fußes verheißt. Hier gilt es Raum zu gewinnen, gegen Vereinnahmung? Gegen Gleichschritt? Der Nivellierung des Eigenen verweigert sich der Song im Kontrapunktischen. Denn das Potenzial zur Verwandlung schließen wir uns doch nur da auf, wo wir nicht auf den Schritt oder Tritt des anderen hören, der uns zwar Sicherheit schenkt nicht alleine zu gehen, aber auch ablenkt vom eigenen Rhytmus. Deswegen ist das Innehalten und Beobachten die Voraussetzung dafür sich absetzen zu können, sich zu hören und so eine Veränderung zu bewirken im eigenen Umfeld und irgendwie „Gesund und Munter“ zu bleiben. Diese EP ist in Songs geronnene Selbstfindungspoesie, die ihrem Ziel umso ferner scheint, je näher sie ihm kommt. Denn sie macht keinen Hehl daraus ein Ratgeber in der Ratlosigkeit zu sein. Wenigstens spuckt keiner ins Haar.