Hip Hop Vinyl 12 Inch 400 Artikel

Kapitel 1 von Torch ist nicht irgendein Track. Kapitel 1 ist ein Monument, ein Manifest, ein Ausrufezeichen! Kurz: einer der ersten Meilensteine einer damals noch jungen Hip-Hop-Szene in Deutschland.

Zahllose Vocal-Cuts und Zitate auf Tracks anderer Künstler sind der Beleg für den Einfluss und die Relevanz von Kapitel 1. Schon bei Erstveröffentlichung auf dem „Alte Schule“ Sampler (MZEE Records) Ende 1993 stach der Titel in vielerlei Hinsicht heraus – und gilt als unbestrittenes Highlight eines mit Highlights gepflasterten Klassikers.

Kapitel 1 ist ein radikales Glaubensbekenntnis zu Hip-Hop und gab der damaligen Szene Substanz und Orientierung. Bereits als Frontmann von Advanced Chemistry bekannt, schildert ein junger, idealistischer Torch in seinem ersten Solotrack das Lebensgefühl der Hip-Hop-Generation der frühen Neunziger und hält ganz nebenbei noch die Namen der Protagonisten für die Nachwelt fest.
In der Retrospektive fast noch wichtiger: Die Fackel inspirierte mit der eindringlichen Message eine neue Generation von Heads, ihren Weg im Rap-Kosmos zu beschreiten. Angefangen von den Stieber Twins über Blumentopf und RAG bis hin zu Dendemann, Samy Deluxe oder Jan Delay: Unzählige Größen nennen Torch und Kapitel 1 als Inspiration und Wegweiser für ihren Werdegang.

Der Vergleich mit Melle Mels „The Message“ liegt nahe: Ging es davor meist um Feiern und Springen, mit Beats an der 100-BPM-Marke, schraubte Torch in Kapitel 1 das Tempo deutlich runter und legte den vollen Fokus auf den Inhalt und den Klang seiner Worte. Mit erwachsenem Ton, ausgefeilter Erzählstruktur und zahlreichen Querverweisen kombinierte der Heidelberger-Veteran Knowledge, Herzblut und Ernsthaftigkeit in einem bis dahin nicht erreichten Level. Damit lieferte Torch einen ersten Vorgeschmack auf den tiefgründigen, lyrischen Stil, mit dem er Jahre später auf „Blauer Samt“ den Benchmark für Grown-Man-Rap setzte.

Auch soundtechnisch war Kapitel 1 seiner Zeit weit voraus. Statt „Funky Drummer“ Loops und obligatorischer Soul-Breaks wagte Torch etwas Neues und beschritt neue Pfade mit britischen melancholischen New-Wave-Samples auf 86 Beats pro Minute.

Die Jazz Spastiks liefern mit "What I´m Talkin´ About" einen jazzigen boombap-beat, der durch schwere drums und eine gekonnte Sample-Auswahl den 90er vibe der "Golden Era" zelebriert. eastcoast-flavor, smoove Saxophone-Samples und New Jersey-Rawness treffen auf den signifikanten basslastigen underground-style der beiden UK-Producer-Legenden. Beneficence und Phantasm rappen mit ihrem eigenen, entspannten Flow über den struggle, als junge Rapper aus der Vorstadt Beachtung zu finden. Sie beschreiben die Epoche als „Beatstreet" und „Wildstyle" im Kino liefen und Rap gerade erst dabei war den Sprung vom underground in den mainstream zu schaffen. Es geht um die Zeit als Blondie & Fab Five Freddy weltweite Beachtung fanden („Rapture"), RUN DMC als erste gebuchte HipHop-Gruppe 1985 vor 98.000 Menschen beim LiveAid spielten und auch erstmals Live Mitschnitte eines HipHop Konzertes (“Fresh Fest”) via Music Video Box ausgestrahlt wurden. Gleichzeitig ist der Song ein Gruß an die NY Rap Pioniere, die den nachfolgenden MC´s und dem HipHop-Movement allgemein den Weg ebneten: Utfo, Howie Tee, Chubb Rock, Sepcial Ed, Big Daddy Kane, Heavy D, usw. Eine Hommage an HipHop und wie er seinen Weg vom Ursprung aus der Wiege, der South Bronx, bis in die entlegensten Vororte der Welt geschafft hat. Besser kann man den 50. Geburtstag dieser Kultur nicht würdigen. Ich denke, ihr wisst ihr wovon ich rede.

Figub Brazlevic RMX – bestens über Boombox, im Cabrio, auf Headphones aber auch im Club - ein treibender beat, der mit einer Leichtigkeit die slicken Verses der MCs untermalt. Figub gibt mit seinem Rmx der OG Version einen ganz neuen Anstrich und vermittelt durch Instrumentierung und Sample-Auswahl als hätte er die Jungs in Jersey besucht und bei einer Jam Session auf Record gedrückt.

Retrogott RMX – Retrogott bringt eine seiner typtischen Boombap-Bomben aufs Parkett. Ein Beat mit scharfen Drums, Vocal Cuts und einem uniquen Jazz-Trumpet sample, put on your dancing shoes and start headnoddin!

Stohead hat für dieses Release ein exklusives Artwork gestaltet, das auf 250 Stück limitiert und von ihm nummeriert und signiert ist. Er hat den Titel des Tracks in seiner unverkennbaren, kalligrafischen Handschrift getaggt. Seine Arbeit ist geprägt durch präzise vorbereitete Bedingungen, mit selbst hergestellten Markern und angemischter Farbe, bis der Schriftzug in einem Durchgang auf dem Maluntergrund landet. Das Ergebnis fühlt sich aber so authentisch an, als wäre es nachts im Vorbeigehen an eine Wand geworfen worden, es entsteht eine scheinbare Struktur, wie sie im urbanen Raum zu finden ist – zum Beispiel in seiner Heimat Berlin oder eben in New Jersey, wo die MC´s den Titel ursprünglich verfasst haben.