Run The Jewels HHV Records 13 Artikel

Ein Duo bei dem die Chemie einfach stimmt

Die Prämisse, auf der Run the Jewels gebaut sind, klingt fast zu gut, um wahr zu sein: zwei Rapper mit beachtlichen Untergrund-Hype tun sich zusammen, um als Supergroup mit einer Reihe an Alben den US-Hip Hop umzukrempeln. Auf dem Weg dahin zählt das Duo aus El-P und Killer Mike Verkäufe in Millionenhöhe und sackt beiläufig eine Grammy-Nominierung und einen NME Award ein, während es mit Acts wie Lorde und Rage Against the Machine auf Tour geht. Das Ganze beginnt im Jahr 2012, als El-P das erste Mal für Killer Mike hinter dem Mischpult sitzt und sein Soloalbum R.A.P. Music produziert: die Chemie stimmt, Killer Mike taucht ebenso als Featuregast auf El-Ps neuer Platte auf, und die beiden gehen zusammen auf Tour. Daraus entsteht ein gemeinsames Album, und als Run the Jewels bringen die beiden 2013 ihr selbstbetiteltes Debut mit dem später immer wieder variierenden Cover auf den Markt. El-Ps teils experimentelle, immer divers aufgestellte Beats, und die Art und Weise, wie die beiden Rapper einander ergänzen, treffen auf Resonanz im Mainstream: die Indie-Platte steigt in die Charts ein.

Katzenlaute statt Beats

Von der ersten Stunde an stellen Run the Jewels ihre Musik als kostenlosen Download zur Verfügung. So auch beim zweiten selbstbetitelten Album, das schon ein Jahr später erscheint und mit seinem Hang zum Oldschool-Storytelling und aktuell-politischen Lyrics auf manchmal stampfenden, immer texturreichen Beats die Geschichte weitererzählt. Die Cover-Artworks des Duos interpretieren das gleiche Symbolbild von zwei Händen mit jedem Album visuell neu: wo die Hände auf der Debutplatte noch unversehrt sind, sind sie jetzt in Bandagen gehüllt. „Bei diesem Projekt ging es um Verletzungen und Schmerz, und da kamen die Bandagen ins Spiel. Etwas heilte“, so El-P. Und so geht es auf der Platte oft um Rassismus und Polizeigewalt, auch die unterschiedlichen Herkünfte der beiden Rapper werden reflektiert. Gleichzeitig zeigen Run the Jewels sich humoristisch: mit Meow the Jewels erscheint 2015 ein Remix-Album, auf dem große Teile der Beats durch Katzengeräusche ersetzt sind. Nach einer Support-Show für Jack White und einem Sommer voll namhafter Festival-Auftritte treffen sich El-P und Killer Mike 2015 schließlich wieder im Studio, um den dritten Teil der Jewels-Saga aufzunehmen. Ein Jahr später erscheint die Platte, die politischer und zeitgemäßer kaum sein könnte: “A riot is the language of the unheard“, so sampeln sie Martin Luther King.

Immer ein Mikrofon parat

Immer wieder werden die beiden als Polit-Rap-Crew bezeichnet, dabei lehnen sie dieses Schubladendenken ab: vielmehr sei Run the Jewels das Ergebnis zweier Freunde, die sich kreativ austoben – und was dabei gesagt wird, steht erstmal an zweiter Stelle. Die Texte des Duos entstehen auch eher weniger aus einer politischen Not heraus, sondern treffen die Rapper oft aus dem Nichts: „Ich kann zwei Stunden lang dasitzen, nur rauchen und Scheiße reden, nichts passiert … und dann spricht etwas zu mir. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir immer ein Mikrofon parat haben“, meint Killer Mike zu seinen schonungslosen Lyrics. Im Sommer 2020 bringen die beiden nicht nur ihr viertes Album RTJ4, sondern auch ihre eigene Cannabissorte auf den Markt. Die neue Platte sehen sie als Protestwerk im Zuge der US-Präsidentschaftswahl, und doch stellen sie sich nie als Heilsbringer dar, während sie Toleranz predigen. Die Platte bildet einen weiteren Meilenstein in einer Karriere der konstanten künstlerischen Steigerung – und so genial das Ganze ist, so wenig geplant ist es auch, wie El-P sagt: „Die Wahrheit ist, dass wir lügen würden, wenn wir behaupten würden, unser Plan hätte funktioniert. Wir hatten keinen verdammten Plan.“