Gravediggaz HHV Records 3 Artikel

Die Rap-Supergroup von der East Coast

Als die Gravediggaz sich 1991 gründen, ist das Quartett aus New York bereits eine Art Supergroup: neben den MCs Frukwan und Too Poetic besteht die Gruppe aus Wu-Tang-Legende RZA und De La Soul-Producer Prince Paul, zwei Wegbereitern des 90er-Sounds. Die Prämisse des Projekts: blutiger Horrorcore, der vor ausschweifenden Gewaltfantasien kein Halt macht und in seiner düsteren Machart den Hardcore-Hip-Hop umschreibt. Ihre erste Platte 6 Feet Deep wird zum absoluten Klassiker des Genres – Prince Pauls trostlose, teils unheimliche Beats bilden dabei die Grundlage für Lyrics, die neben Brutalität auf schwarzen Humor setzen und sich oft satirisch geben. Zugleich gilt die Platte als Ventil für den Frust der vier Member, die sich im Game der 90er nicht repräsentiert genug fühlen und überall um sich herum zu viel künstlerische Kompromissbereitschaft sehen: „Frustrated, mentally aggravated / To be the rebel that society created“. Die Gruppe kommt zu Beginn der 90er nämlich zusammen, als jeder der vier einen Tiefpunkt erreicht hat: während RZAs Suche nach einem neuen Label fürs erste erfolglos bleibt, findet die Arbeit mit De La Soul für Prince Paul ein Ende, was ihn in eine Krise stürzt. Inspiriert von seinen schwermütigen Beats einigen sich die vier auf den Namen Gravediggaz und bilden ein Konzept drumherum, wofür jeder ein Alter Ego bekommt: Prince Paul wird zum Undertaker, RZA zum RZArector, Too Poetic zum Grym Reaper und Frukwan zum Gatekeeper.

Unzensierte Schadenfreude

6 Feet Deep entsteht unter einfachsten Bedingungen, einige der Tracks nimmt die Crew auf Kassettenrekordern zuhause beim Undertaker auf. Eigentlich wollen sie ihre Debutplatte Niggamortis nennen, was sich als zu gewagt herausstellt – und auch einige ihrer Texte müssen die Gravediggaz umschreiben, um sie zugänglicher zu machen. Trotzdem wird die Platte im Jahr 1994 gefeiert wie kaum eine andere und definiert den New Yorker Straßenrap neu. Tracks wie Nowhere to Run, Nowhere to Hide und 1-800 Suicide schlagen in ihrer unzensierten Schadenfreue Wellen an der East Coast und machen die Gruppe zu respektierten Vorreitern einer neuen Richtung im Hip-Hop: „Critics say go to hell, I say yeah / Stupid motherfucker, I´m already there“. Einflüsse kommen hier nicht nur aus dem Hip-Hop, sondern auch aus dem Heavy Metal, wie zum Beispiel auf Diary of a Madman, und mit Features unter anderem von Killah Priest und Shabazz the Disciple finden sich auch namhafte Untergrund-Gäste auf dem Album. Für den Nachfolger The Pick, the Sickle and the Shovel übernimmt RZArector das Steuer für die Beats – diesmal weniger aggressiv, dafür aber sozialkritisch zeigen die Gravediggaz sich hier in neuem Gewand: „Life is ugly and life is beautiful at times / We’re expressin’ both sides of that“.

Von düsteren Fantasien zur Realität

The Grym Reaper stirbt 2001 tragischer Weise an Krebs, The Undertaker und RZArector haben die Crew da bereits verlassen. Trotzdem erscheint im gleichen Jahr mit Nightmare in A-Minor eine weitere Platte, die noch Material vom Grym Reaper enthält, und mit DJ Diamond J wird ein neues Mitglied begrüßt. Auf gewohnt fatalen Beats werden die düsteren Fantasien von früher zur Realität: in den Lyrics verarbeitet The Grym Reaper seine Erkrankung, ebenso geht es um die Realität der beiden übrig gebliebenen Rapper als Anhänger der religiösen Bewegung Five Percent Nation, die unter MCs an der East Coast weit verbreitet ist. Einige Tracks veröffentlicht The Gatekeeper weiterhin unter dem Namen Gravediggaz, doch die Horrorcore-Magie der frühen Tage ist verflogen. Dafür wiegt 6 Feet Deep zu schwer – ein Meisterwerk, das noch heute die Messlatte im Genre hochhält und den Hip-Hop infiltriert: „I’m in ya dreams, ya thoughts, yo, everywhere you walk / When you speak that’s the Gravedigga talk“.."